Magenta (ehem UPC) und IPv6, Stand Anfang 2022

10 November 2020
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Fazit zuerst:
Magenta (ehemals UPC) bietet seit Jahren ein technisch unbefriedigendes und noch dazu kaum dokumentiertes IPv6-Service an. Informationen zum IPv6-Service von Magenta sind spärlich; oft hat man das Gefühl, daß die Servicemitarbeiter über das Thema wenig Bescheid wissen. Ich habe daher meine Erfahrungen der letzten Tage zusammengeschrieben.
Das Ergebnis vorweg: Es ist machbar und benutzbar, aber es gibt gewisse wichtige Einschränkungen.

Vorzüge
  • Geboten wird ein IPv6 /64 Netz
  • Adressvergabe per SLAAC
  • StateLess Address Auto Configuration

Widrigkeiten
  • DS-Lite
  • Adressvergabe per SLAAC (Ja, das ist ein Vor- und ein Nachteil.)
  • Modem kann nicht im Bridge-Modus betrieben werden, und zwar wegen
  • CG-NAT (Carrier-Grade NAT)
  • Daher kein IPv4 Routing/NATting/Firewalling möglich
  • keine Dokumentation; keine Auskünfte von den Technikern
  • keine zentrale v6-Firewall möglich!
  • Daher muß sich jeder v6-Host selbst um seinen Firewall-Schutz kümmern!

Ein Setup mit eigenem Router/Firewall funktioniert so nicht.

Das bedeutet:
  • Magenta liefert eine v6-Adresse für den Router
  • und ein /64 für das LAN
  • v4 geschieht via 4-in-6 Tunnel (vom Modem bis zur Gegenstelle beim Provider) und
  • via CG-NAT
Auf diese Weise erspart sich Magenta die öffentliche v4-Adresse.
Dafür bekommt man aber ziemlich viele öffentliche v6-Adressen! (Ungefähr 1,8 Trillionen Adressen, wenn ich mich nicht verzählt habe!) :)

Allerdings werden die nicht bekanntgegeben, und sie können im LAN nicht segmentiert/subnettiert/geroutet werden. Also machen wir uns auf die Suche, die relevanten Informationen zusammenzutragen. Wer, wie ich, bisher Die UPC-Box im Bridge Mode und dahinter einen eigenen Router/Firewall betrieben hatte, muß also das LAN umbauen.

Informationen sammeln
Subnetz:
Das UPC Modem ("Connect Box") gibt unter "Erweiterte Einstellungen" -> "DHCP" -> "DHCPv6 Server" unter der Bezeichnung "Startadresse" immerhin das relevante Subnetz preis: 2a02:x:y:z::/64.

Die Gültigkeitsdauer wird mit 1209600 sec angegeben, das sind 2 Wochen.
Die Autokonfiguration kann vom Typ Stateful oder Stateless sein.

Gateway:
Stateful wird im Dauerbetrieb vielleicht günstiger (weil im Verhalten berechenbarer) sein; aber Stateless erlaubt, einen Raspberry Pi mit Debian direkt am Modem anzuschließen und dessen v6-Adresse konfigurieren zu lassen. Dazu ist die Datei /etc/network/interfaces am besten ganz leer:

# cat /etc/network/interfaces # interfaces(5) file used by ifup(8) and ifdown(8) # Please note that this file is written to be used with dhcpcd # For static IP, consult /etc/dhcpcd.conf and 'man dhcpcd.conf' # Include files from /etc/network/interfaces.d: source-directory /etc/network/interfaces.d

/etc/network/interfaces.d ist ebenfalls völlig leer.

Die Connect-Box listet angeschlossene Geräte eine Zeitlang (bis der arp-Cache ausaltert?) an.

ip a und ip -6 r zeigen uns am Raspberry die zugewiesenen IPs und die Adresse des Gateways an.
Wichtig ist dabei die IP mit scope global und /64.

# ip -6 addr show eth0 2: eth0: <BROADCAST,MULTICAST,UP,LOWER_UP> mtu 1500 qdisc mq state UP group default qlen 1000 inet6 [B]2a02:x:y:z:umpf:bumpf:klim:bim/64 scope global[/B] dynamic mngtmpaddr noprefixroute valid_lft 1136904sec preferred_lft 532104sec inet6 2a02:x:y:z:qui:qua:quu:quo/128 scope global dynamic noprefixroute valid_lft 2135sec preferred_lft 2135sec inet6 fe80::a:b:c:d/64 scope link valid_lft forever preferred_lft forever

Und der Gateway:
# ip -6 route show ::1 dev lo proto kernel metric 256 pref medium 2a02:x:y:z::/64 dev eth0 proto ra metric 202 mtu 1500 pref medium fe80::/64 dev eth0 proto kernel metric 256 pref medium default via fe80::bli:bla:blu:blo dev eth0 proto ra metric 202 mtu 1500 pref medium

Der Gateway ist die IPv6-Adresse, die mit "default via fe80::" beginnt.

IPv6 implementieren

OK, wir kennen jetzt das
  • Subnetz: 2a02:x:y:z:: und die
  • Netmask: /64 und den
  • Gateway: fe80::bli:bla:blu:blo
Dies genügt, um einerseits permanente Hosts mit einer statischen IPv6 auszustatten, je nach verwendetem Betriebssystem.
Andererseits können wir "flüchtige" Hosts oder solche, die keine statische IP brauchen, zB via radvd versorgen. Es gibt aber auch DHCP6, wenn man das lieber mag. radvd ist der "Router Advertisement Daemon" (zumindest in der Linux-Welt bekannt) und ist überaus simpel zu konfigurieren:

# cat /etc/radvd.conf interface eth0 { AdvSendAdvert on; prefix 2a02:x:y:z::/64 { AdvOnLink on; AdvAutonomous on; }; };

Die Gateway-Adresse und zwei per v6 erreichbare Nameserver werden den nicht-statischen Hosts per Router Announcement von der Connect Box mitgeteilt.

Achtung!
Ohne, daß irgendwo im LAN ein radvd o.ä. läuft, werden sich viele Geräte, zB Haindis nicht mit einer IPv6-Adresse versorgen!

...und IPv4 gibt's auch noch

Die v4-Konfiguration ist völlig straight-forward (und völlig eingeschränkt).
Man kann den DHCPv4 Service auf der Connect Box nutzen; ich habe mich für einen DHCP Server anderswo im LAN entschieden. Diese Modems werden doch immer wieder ausgetauscht oder gehen gar kaputt, oder müssen zeitaufwendig rebootet werden, und dann hat man die ganze Hacke von vorne.

Wichtig ist zu beachten, daß aufgrund von CG-NAT eine Verbindungsaufnahme von außen in IPv4 eigentlich völlig unmöglich ist (keine Port-Weiterleitung, keine "DMZ"-Definition, nada, nischta, niente, rien, gurnischt, goar nix). Schutzmaßnahmen in v4 sind daher einzig gegen eventuelle Gegner (Eindringlinge, IoT, ...) im LAN von Bedeutung, und für mobile Devices, die auch anderswo unterwegs sind.

IPv6 Firewall
Edit: Die Connect-Box bietet die Möglichkeit, Filterregeln für IPv6 zu definieren (danke, @maultier , für diese Korrektur!). Inwieferne das skaliert kann ich noch nicht beurteilen. Ich konnte auch keinen Weg finden, das ordentlich mitzuloggen.
Das ist m.E. der wichtigste Nachteil des von mir beschriebenen Setups.

Der wichtigste Vorteil ist, daß es funktioniert. Dennoch würde ich eigentlich empfehlen, lieber zu einem ordentlichen Provider zu wechseln.

Aber vielleicht hat jemand hier im Forum eine bessere Idee, Magentas IPv6-"Service" zu nutzen?
Ich würde mich über Kommentare freuen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte nachdrücklich und ausdrücklich darauf hinweisen: Wenn Hosts im LAN via IPv6 von außen erreichbar sein sollen, muß man auf der Connect-Box die IPv6-Firewall ausschalten. Ein Finetuning von Firewall-Regeln ist dort nicht vorgesehen.

Kanns nur von der Fiberbox sagen das es dort IPv6 inbound Port Filter gibt wo man einer einzelnen Adresse bei IPv6 die Ports öffnen kann.

Wo ich mit einem IPv6 Magenta Kabelanschluss zu tun hatte ist aber schon ein paar Monate her. Falls sich hier mittlerweile was getan hat und alles anders ist kann ich nicht ausschließen. Selbst habe ich nur Bridge Mode mit v4 in Betrieb.

Hab noch den Screenshot gefunden:
1641676910225.png
 
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Welche (zwingenden) Gründe gibt es denn derzeit, die auch bei Magenta Cable (Non-Business-Anbindungen, insbesondere mit der aus meiner Sicht problematischen DS-Lite-Lösung) unbeingt IPv6 erfordern?
 
Kanns nur von der Fiberbox sagen das es dort IPv6 inbound Port Filter gibt wo man einer einzelnen Adresse bei IPv6 die Ports öffnen kann.

Wo ich mit einem IPv6 Magenta Kabelanschluss zu tun hatte ist aber schon ein paar Monate her. Falls sich hier mittlerweile was getan hat und alles anders ist kann ich nicht ausschließen. Selbst habe ich nur Bridge Mode mit v4 in Betrieb.

Hab noch den Screenshot gefunden:
Anhang anzeigen 34136
Völlig richtig!
Ich habe offenbar den Wald vor Bäumen nicht gesehen.
 
Welche (zwingenden) Gründe gibt es denn derzeit, die auch bei Magenta Cable (Non-Business-Anbindungen, insbesondere mit der aus meiner Sicht problematischen DS-Lite-Lösung) unbeingt IPv6 erfordern?
Die Frage ist begreiflich; ich wollte aber nicht über Sinn und Unsinn diskutieren sondern meine Ergebnisse teilen und zur Diskussion stellen. Eben weil ich entsprechende Infos sonst nirgends finden konnte.
 
Eine Frage in diesem Zusammenhang bitte: Wie lange dauert aktuell die Umstellung von IPv6 DS-Lite auf IPv4 eines Kabelmodems? Der Anschluss ist neu und mit IPv6 klappt die Verbindung mit dem Firmen-VPN nicht. Somit kann ich nicht von zu Hause aus arbeiten. Leider kann oder will der Mitarbeiter nicht nachsehen, ob der Auftrag zur Umstellung schon bearbeitet wurde.
 
Eine Frage in diesem Zusammenhang bitte: Wie lange dauert aktuell die Umstellung von IPv6 DS-Lite auf IPv4 eines Kabelmodems? Der Anschluss ist neu und mit IPv6 klappt die Verbindung mit dem Firmen-VPN nicht. Somit kann ich nicht von zu Hause aus arbeiten. Leider kann oder will der Mitarbeiter nicht nachsehen, ob der Auftrag zur Umstellung schon bearbeitet wurde.
Aktuell weiß ich nicht.
Als ich vor einigen (drei? vier?) Jahren um Deaktivierung des IPv6-DSLite und umschalten in den Bridge Mode bat, war das nach einigen Minuten erledigt.
Blöde Frage: Hast Du Dein Modem neugestartet?

(Übrigens: VPN Lösungen gibt es natürlich viele und ich bin kein Experte. Die zwei VPN Verbindungen, 1x OpenVPN und 1 x F5, die in meinem Haushalt regelmässig benutzt werden, funktionieren jedenfalls trotz DSLite klaglos)
 
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Zu UPC-Zeiten war das noch innerhalb von Minuten erledigt.

Hier ist OpenVPN (Sophos) im Einsatz. Verbinden klappt, aber es werden keine Daten übertragen. Sobald man mit dem VPN verbunden ist und den Win-Explorer öffnet, friert alles ein.
 
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  • StateLess Address Auto Configuration

Naja, solange Android nur "Stateless Address Autoconfiguration" kann, ist das der einfachere Ansatz. Wenn man nur auf Stateful umschaltet (mit DHCPv6), bekommen die Android-Geräte keine IPv6-Adressen. Es ginge natürlich auch beides kombiniert, wie man bei den Einstellungen in den Fritzboxen sehen kann. Aber die gibt es bei Magenta standardmäßig ja nicht.
 
Hallo zusammen,

ist es weiterhin so, dass man im "Bridge Mode", also mit eigenem Router, kein IPv6 nutzen kann? Ich habe hier testweise einmal in unserer Fortigate Prefix Delegation und DHCPv6 getestet, es kommt aber nirgendwo was zurück.

LG
Tobi