
Ein kürzlich ergangenes OGH-Urteil, bei dem eine Servicepauschale eines Fitnessstudios als gesetzwidrig eingestuft wurde, wirft nun auch Fragen zur Rechtmäßigkeit der Handy-Servicepauschale im Mobilfunk auf. Denn auch viele Mobilfunkanbieter verrechnen eine jährliche Gebühr für umstrittene Zusatzleistungen unabhängig ihrer tatsächlichen Nutzung.
OGH: Servicepauschale eines Fitnessstudios unrechtmäßig
Der Oberste Gerichtshof (OGH) kritisierte im konkreten Fall, dass ein Fitnessstudio den monatlichen Mitgliedsbeitrag als „All-in“-Konzept beschreibt, aber dennoch eine zusätzliche Servicepauschale verlangt, welche keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen beinhaltet, die über das übliche Maß hinausgehen würde:
Klausel 5 (Anm. zur Chipgebühr und Servicepauschale) ist zur Gänze gröblich benachteiligend, zumal sie mit dem „All-in“-Konzept der Beklagten nicht vereinbar ist. Der Verbraucher erhält keine über die vertragliche Hauptleistung hinausgehende „Service“-Leistung, die gesondert entgolten werden müsste. Der Verwaltungspauschale entsprechen keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen, die über das übliche Maß hinausgehen. Dies gilt auch für die Chipgebühr, da die Ermöglichung des Zutritts zu den Fitnessstudios zu den Vertragspflichten der Beklagten gehört und daher nicht nachvollziehbar ist, warum der Kunde dafür ein zusätzliches Entgelt zu zahlen hat. – OGH
Trifft das auch auf die Mobilfunk-Servicepauschale zu?
Das nun ergangene Urteil betrifft erstmals nur den konkreten Fall des Fitnessstudios und ggf. vergleichbare Verträge. Ein Urteil über die Rechtmäßigkeit von Mobilfunk-Servicepauschalen gibt es derzeit noch nicht.
Denn anders als im konkreten Fall werden Mobilfunkverträge typischerweise nicht als „All-inclusive-Leistung“ beworben, sondern die inkludierten Leistungen in Minuten-, SMS- oder Dateneinheiten beziffert. Selbst bei „unlimitierten Tarifen“ wird taxativ aufgelistet, worauf sich diese unlimitierte Leistung bezieht (also Minuten, SMS oder Datenvolumen). Außerdem sind Zusatzleistungen wie z.B. Roaming oder Mehrwertnummern sowie viele andere Leistungen extra zu bezahlen. Ein mündiger Mobilfunkkunde wird wohl nicht davon ausgehen können, dass mit einer fixen monatlichen Grundgebühr alle erdenklichen Leistungen abgedeckt seien und keine Zusatzkosten auf ihn zukommen können.
Strittig könnte es jedoch bei der mit der Servicepauschale abgegoltenen Leistungen werden. Meist inkludiert die jährliche Pauschale einen kostenlosen SIM-Kartentausch (unabhängig vom Defekt, z.B. bei Gerätewechsel) sowie das kostenlose Sperren/Entsperren der SIM-Karten und vergleichbare Leistungen.
Nach dem nun bekanntgewordenen Urteil des OGH stellt sich die Frage, ob es sich dabei tatsächlich um Aufwendungen oder Leistungen handelt, welche über das übliche Maß hinausgehen und daher eine zusätzliche Verrechnung begründen könnten. Zumal viele kleinere Mobilfunker (MVNO und Diskonter) keine Servicepauschale verrechnen und damit beweisen, dass es auch ohne jährliche Zusatzgebühr geht.
Zudem sind die Kosten der Servicepauschale nach einer Reihe von jährlichen Preiserhöhungen inzwischen schon so weit gestiegen, dass man die Verhältnismäßigkeit des Gegenwerts infrage stellen muss.
Servicepauschale wird immer teurer
Betrug die Neukunden-Servicepauschale im Jahr 2011 noch 19,90 Euro, so wurde sie in den letzten Jahren massiv verteuert, ohne dass zusätzliche Leistungen hinzugekommen wären. Die einzelnen Preissteigerungen der letzten Jahre übertrafen bei A1 und Magenta dabei die Inflationsraten deutlich:
Servicepauschale | A1 | Magenta | Drei |
---|---|---|---|
2019 | 25,00 Euro | 25,00 Euro | 25,00 Euro |
2020 | 27,00 Euro (+ 8,00%) | 27,00 Euro (+ 8,00%) | 27,00 Euro (+ 8,00%) |
2021 | 29,90 Euro (+10,74%) | 29,90 Euro (+10,74%) | – |
2022 | 34,90 Euro (+16,72 %) | 33,00 Euro (+10,37%) | – |
Lediglich der Mobilfunknetzbetreiber Drei hat schon länger auf eine Erhöhung verzichtet und verrechnet Neukunden weiterhin „nur“ 27 Euro Servicepauschale pro Jahr.
Arbeiterkammer gegen die Handy-Servicepauschalen
Die Arbeiterkammer ortet nicht nur bei Fitnessstudios versteckte Gebühren, sondern auch in andere Branchen. Ähnliche Klauseln zu Zusatzgebühren haben auch andere Unternehmen in den AGB. Eben auch die Servicepauschale bei Handyverträgen, so die Arbeiterkammer. Sie kündigte an, auch hier gegen eine ungerechtfertigte Einhebung von versteckten Gebühren vorgehen zu wollen.
Welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Solange es aber noch kein höchstgerichtliches Urteil zur Mobilfunk-Servicepauschale gibt, sind erst mal noch keine konkreten Auswirkungen zu erwarten. Allerdings sorgt der aktuelle Zustand für Unsicherheit sowohl bei Konsumenten als auch bei den Mobilfunkanbietern.
Sollte jedoch auch die Internet- & Handy-Servicepauschale als rechtswidrig eingestuft werden, würden sich die Mobilfunkanbieter wohl auf hohe Rückzahlungsforderungen ihrer Kunden einstellen müssen.
Mobilfunk-Branche fürchtet um hunderte Millionen Euro
Wenn man berücksichtigt, dass A1, Magenta und Drei zusammen mehrere Millionen Kunden haben und von diesen über Jahre hinweg (teilweise bereits seit 2011) jeweils pro Jahr rund 20 bis 35 Euro an Servicepauschalen eingehoben wurde, wird schnell klar, um welche Summen es hierbei geht. Denn der Verjährungszeitraum einer widerrechtlich eingehobenen Gebühr beträgt 30 Jahre. Sollten also auch die Mobilfunk-Servicepauschalen unrechtmäßig gewesen sein, könnten betroffene Kunden alle ihre bisher bezahlten Pauschalen zurückfordern. Dabei könnte es in Summe um hunderte Millionen Euro gehen.
Monatliche Tarifpreise dürften stiegen
Diese Unsicherheit dürfte neben der hohen Inflation ein weiterer Faktor sein, warum die Neukunden-Tarifpreise, nach Ende des für die Branche so wichtigen Weihnachtsgeschäft, kräftig steigen dürften.
Für Neukunden kann sich demnach ein baldiger Vertragsabschluss lohnen. Allerdings empfiehlt es sich, die Tarife zu vergleichen und auch Angebote von kleineren Mobilfunkanbietern ohne Zusatzgebühren zu berücksichtigen.
Insgesamt bleibt zu hoffen, dass es bald zu einer Entscheidung kommt, welche endgültig für Klarheit über die Rechtmäßigkeit der Servicepauschale bei Handyverträgen sorgt.