Anders als in vielen Ländern der EU gibt es in Österreich derzeit noch keine freie Routerwahl. Stattdessen herrscht Routerzwang. Das bedeutet, dass der Internetanbieter den Kunden vorschreiben kann, welches Modem bzw. welcher Router für den Internetzugang verwendet werden muss. In den meisten Fällen ist das jener Router, den der Anbieter selbst vertreibt.
Speziell bei Kabel-Internet (über Coax-Leitungen) ist dies in Österreich die derzeit übliche Vorgehensweise und betrifft fast 1 Million Haushalte:
Verbindungsart | Anschlüsse | Situation in der Praxis |
---|---|---|
Coax-Kabelinternet | 978.400 | Routerzwang |
DSL-Internet | 1,4 Mio. | Whitelist mit freigegebenen Modellen |
DSL-Hybrid-Internet | – | keine alternativen Modelle am freien Markt erhältlich |
FTTH bzw. Glasfaser | 147.500 | nach ONT weitgehend Routerfreiheit |
Mobilfunk-Internet | 2,2 Mio. | Routerfreiheit |
Einschränkungen des Magenta Router stoßen auf Kritik

Unser Testbericht der neuen Magenta Home Box Fiber hat aufgezeigt, welche Nachteile Kunden bei manchen Routern in Kauf nehmen müssen. Denn der neue Kabel-Router von Magenta bietet fast keine Einstellungsmöglichkeiten mehr. Der Betrieb eines eigenen Servers wurde erheblich erschwert und auch verschiedene Multi-Player-Onlinegames können Probleme machen, falls sie Portweiterleitungen benötigen.
Um solche Probleme zu umgehen, war es bisher möglich das Provider-Gerät als reines Modem in Verbindung mit einem eigenen Router zu verwenden. Seit der neusten Geräte-Generation funktioniert aber auch das nicht mehr, da der dafür notwendige Bridge-Modus weggefallen ist. (Auf Anfrage stellt Magenta seinen Kunden bei Bedarf jedoch gerne ein älteres Modem mit Bridge Modus zur Verfügung)
Vor-und Nachteile eines eigenen Routers
Der Einsatz eines beliebigen kompatiblen Internetrouters hätte daher einige Vorteile, ist aber auch mit einigen Nachteilen verbunden:
Vorteile
- Freie Wahl des Endgerätes
- Mehr Wettbewerb unter Routerhersteller
- Mehr Konfigurationsmöglichkeiten
- Sicherheitsupdates direkt vom Hersteller
- Volle Kontrolle (kein Fremdzugriff)
- Aufrüsten auf leistungstärkeres Gerät möglich
Nachteile
- Kosten (der Provider-Router ist kostenlos)
- Konfiguration notwendig (Provider-Router kommen schon vorkonfiguriert)
- Bei technischen Problemen mehr potenzielle Fehlerquellen
Eigene Router dürfen nicht verwendet werden
Am freien Markt gäbe es eine ganze Reihe von theoretisch kompatiblen DOCSIS-Router mit unterschiedlicher Ausstattung und für unterschiedliche Preis-Budgets. Von Einsteiger-Produkten bis hin zu High-End-Geräten für semi-professionelle Anwender. Doch wer sich ein solches Gerät kauft, kann es in Österreich derzeit nicht verwenden, da der eigene Internetanbieter nicht verpflichtet ist, den Internetanschluss dafür freizuschalten.
Internetanbieter befürchten Probleme
Die Netzbetreiber wollen die Qualität der Übertragung im eigenen Netz bis hin zum Netzabschlusspunkt sicherstellen. Dabei wird argumentiert, dass nur mit den von ihnen bereitgestellten Modems bzw. Router eine einwandfreie und optimale Funktionalität des Internetzugangs garantiert werden könne:
Als Netzbetreiber stellen wir die Übertragung in unserem Netz bis zum so genannten Netzabschlusspunkt sicher. Der Netzabschlusspunkt ist im Fall der Magenta Kabelprodukte das zur Verfügung gestellte Modem. Dieses ist so konfiguriert, dass Magenta für die Kundinnen und Kunden das bestmögliche Interneterlebnis bieten kann. Vom Kunden selbst gekaufte Router können diese Qualität oftmals nicht gewährleisten. Um die optimale Leistung und Qualität technisch gewährleisten zu können, muss der Netzabschlusspunkt unter der Kontrolle des Netzanbieters liegen. – Magenta Telekom
Lage des Netzabschlusspunktes entscheidet
Entscheidend, ob der Internetanbieter die Nutzung seines eigenen Modem bzw. Router vorschreiben darf, ist die Frage, an welchem Punkt das öffentliche Kommunikationsnetz endet. Endet es an der Steckdose (für den Internetanschluss), dann hat der Kunde die Freiheit, jeden beliebigen kompatiblen Router daran anzuschließen:

Wird der Router jedoch in die Definition des öffentlichen Kommunikationsnetzes inkludiert, bedeutet dies vereinfacht gesagt, dass die Routerbox im heimischen Wohnzimmer noch Teil des Internets ist, über den nur der Netzbetreiber entscheiden darf:

Während in Österreich der Router als Netzabschlusspunkt definiert wird, endet in Deutschland das öffentliche Kommunikationsnetz schon an der Anschluss-Dose im heimischen Wohnzimmer.
In Deutschland ist der Routerzwang schon seit 2016 verboten

In unserem Nachbarland Deutschland wurde 2016 der Internetzugang als passiven Netzabschlusspunkt definiert, an dem das öffentliche Telekommunikationsnetz endet (ursprünglich § 45d Abs. 1 des deutschen Telekommunikationsgesetz TKG, mittlerweile § 73 Abs. 1 TKG). Welchen Router der Nutzer dann daran anschließt, ist nicht mehr im Einflussbereich des Netzbetreibers.
Diese Definition stellt sicher, dass der Nutzer nicht zwingend das Gerät des Netzbetreibers verwenden muss, sondern bei Bedarf auch jeden anderen kompatiblen Router seiner Wahl anschließen kann.
In Österreich entscheidet nicht das Gesetz, sondern die RTR
In Österreich wurde die Lage des Netzabschlusspunktes, welcher entscheidend für die Routerfreiheit ist, jedoch nicht im Gesetz definiert. Stattdessen kann die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) mit einer Verordnung entscheiden, wo genau der Netzabschlusspunkt endet:
Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Lage der Netzabschlusspunkte von öffentlichen Kommunikationsnetzen unter Bedachtnahme auf die Art des öffentlichen Kommunikationsnetzes und die technischen Möglichkeiten festlegen. – § 49 Abs. 1 TKG
Bisher zählt das zuhause stehende Modem noch als Teil des öffentlichen Telekommunikationsnetzes und befindet sich daher in der alleinigen Hoheit des Netzbetreibers.
EU für Routerfreiheit mit Ausnahmen
Dabei setzt sich die Europäische Union (EU) grundsätzlich für eine freie Wahl des Routers ein:
Die Endnutzer sollten beim Zugang zum Internet frei unter den verschiedenen Arten von Endgeräten im Sinne der Richtlinie 2008/63/EG der Kommission wählen können. – Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/2120
Allerdings gesteht sie den Netzbetreibern auch eine Ausnahme zu. Nämlich dann, wenn für den Netzbetreiber nicht vertretbare Gründe vorliegen:
Es ist jedoch möglich, dass aus nicht von den Internetzugangsanbietern zu vertretenden Gründen bestimmte Abschlusspunkte des Internets nicht immer zugänglich sind. – Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/2120
Daher wird die derzeitige österreichische Regelung mit Sicherheitsbedenken und Herausforderungen bei der Sicherstellung einer einwandfreien Dienste-Qualität bei der Verwendung von Fremdgeräten argumentiert.
Bedenken nur in Österreich?
In unseren Nachbarländern Deutschland oder Italien sind diese Bedenken bereits Geschichte. In den über sechs Jahren der Routerfreiheit in Deutschland sind bis jetzt keine größeren Probleme mit der freien Endgeräte-Wahl publik geworden.
Für die Kunden hatte das bisher hauptsächlich Vorteile. Sie erhielten bei Vertragsabschluss zwar weiterhin ein kostenloses Modem von Internetanbieter, konnten bei Nichtgefallen aber auch problemlos ein anderes kompatibles Gerät an ihrem Anschluss verwenden.
Die für die Einrichtung eines eigenen Routers notwendigen Zugangsdaten müssen die deutschen Internetprovider bei Vertragsabschluss dem Kunden kostenlos zur Verfügung stellen.
Forderung nach Ende des Routerzwangs in Österreich
Die durch unseren Testbericht der Magenta Home Box Fiber aufgedeckten Einschränkungen führte zu einer neuerlichen Diskussion der Routerfreiheit in Österreich und erreichte auch die heimische Politik. Die Nationalrat-Abgeordneten Katharina Kucharowits (SPÖ) und Mag.a Dr.in Petra Oberrauner (SPÖ) forderten die Bundesregierung auf, die Routerfreiheit gesetzlich zu verankern:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Recht auf die freie Wahl des WLAN-Modems bzw. des WLAN Routers als auch das Recht auf die freie Wahl eines jeden Endgeräts gesetzlich zu verankern. – Entschließungsantrag 2945/A(E)
Forschungsausschuss stellt Änderung in Aussicht
Woraufhin sich der parlamentarische Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung mit dem Thema auseinandergesetzt hat:
Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) teilte mit, dass die RTR für 2023 eine Verordnung in Aussicht gestellt habe, welche auch die Router-Freiheit sicherstellen solle. – Parlamentskorrespondenz Nr. 1432
RTR evaluiert Situation betreffend Routerfreiheit
Die RTR ist gerade dabei, die Situation zu evaluieren. Auf Nachfrage von LTEForum.at hieß es:
Im Hinblick auf eine solche Verordnung wird das Interesse der Endkund:innen an einer Routerfreiheit zu berücksichtigen sein; derzeit ist die RTR-GmbH mit (relativ) wenigen Anfragen und Beschwerden zu diesem Themenkreis konfrontiert. Ungeachtet dessen werden Überlegungen zu dieser Verordnungskompetenz getätigt, um zu einer für alle Beteiligten sachgerechten Entscheidung zur Frage des Netzabschlusspunktes zu gelangen. – RTR gegenüber LTEForum.at
Derzeit laufe bei der RTR ein komplexer Evaluierungsprozess die Routerfreiheit betreffend. Ob eine Verordnung erlassen wird oder nicht, hänge vom Ergebnis der Evaluierung ab.
Fazit
Die Frage, ob in Österreich den Routerzwang beibehalten wird oder vielleicht schon bald eine neue Verordnung für Routerfreiheit sorgen könnte, bleibt spannend.