Routerzwang in Österreich – worum geht es?

Anders als in vielen Ländern der EU gibt es in Österreich derzeit noch keine freie Routerwahl. Stattdessen herrscht Routerzwang. Das bedeutet, dass der Internetanbieter den Kunden vorschreiben kann, welches Modem bzw. welcher Router für den Internetzugang verwendet werden muss. In den meisten Fällen ist das jener Router, den der Anbieter selbst vertreibt.

Speziell bei Kabel-Internet (über Coax-Leitungen) ist dies in Österreich die derzeit übliche Vorgehensweise und betrifft fast 1 Million Haushalte:

VerbindungsartAnschlüsseSituation in der Praxis
Coax-Kabelinternet978.400Routerzwang
DSL-Internet1,4 Mio.Whitelist mit freigegebenen Modellen
DSL-Hybrid-Internetkeine alternativen Modelle am freien Markt erhältlich
FTTH bzw. Glasfaser147.500nach ONT weitgehend Routerfreiheit
Mobilfunk-Internet2,2 Mio.Routerfreiheit
Quelle: RTR Internet Monitor (Stand Ende 2021)

Einschränkungen des Magenta Router stoßen auf Kritik

Magenta Home Box Fiber

Unser Testbericht der neuen Magenta Home Box Fiber hat aufgezeigt, welche Nachteile Kunden bei manchen Routern in Kauf nehmen müssen. Denn der neue Kabel-Router von Magenta bietet fast keine Einstellungsmöglichkeiten mehr. Der Betrieb eines eigenen Servers wurde erheblich erschwert und auch verschiedene Multi-Player-Onlinegames können Probleme machen, falls sie Portweiterleitungen benötigen.

Um solche Probleme zu umgehen, war es bisher möglich das Provider-Gerät als reines Modem in Verbindung mit einem eigenen Router zu verwenden. Seit der neusten Geräte-Generation funktioniert aber auch das nicht mehr, da der dafür notwendige Bridge-Modus weggefallen ist. (Auf Anfrage stellt Magenta seinen Kunden bei Bedarf jedoch gerne ein älteres Modem mit Bridge Modus zur Verfügung)

Vor-und Nachteile eines eigenen Routers

Der Einsatz eines beliebigen kompatiblen Internetrouters hätte daher einige Vorteile, ist aber auch mit einigen Nachteilen verbunden:

Vorteile

  • Freie Wahl des Endgerätes
  • Mehr Wettbewerb unter Routerhersteller
  • Mehr Konfigurationsmöglichkeiten
  • Sicherheitsupdates direkt vom Hersteller
  • Volle Kontrolle (kein Fremdzugriff)
  • Aufrüsten auf leistungstärkeres Gerät möglich

Nachteile

  • Kosten (der Provider-Router ist kostenlos)
  • Konfiguration notwendig (Provider-Router kommen schon vorkonfiguriert)
  • Bei technischen Problemen mehr potenzielle Fehlerquellen

Eigene Router dürfen nicht verwendet werden

Am freien Markt gäbe es eine ganze Reihe von theoretisch kompatiblen DOCSIS-Router mit unterschiedlicher Ausstattung und für unterschiedliche Preis-Budgets. Von Einsteiger-Produkten bis hin zu High-End-Geräten für semi-professionelle Anwender. Doch wer sich ein solches Gerät kauft, kann es in Österreich derzeit nicht verwenden, da der eigene Internetanbieter nicht verpflichtet ist, den Internetanschluss dafür freizuschalten.

Internetanbieter befürchten Probleme

Die Netzbetreiber wollen die Qualität der Übertragung im eigenen Netz bis hin zum Netzabschlusspunkt sicherstellen. Dabei wird argumentiert, dass nur mit den von ihnen bereitgestellten Modems bzw. Router eine einwandfreie und optimale Funktionalität des Internetzugangs garantiert werden könne:

Als Netzbetreiber stellen wir die Übertragung in unserem Netz bis zum so genannten Netzabschlusspunkt sicher. Der Netzabschlusspunkt ist im Fall der Magenta Kabelprodukte das zur Verfügung gestellte Modem. Dieses ist so konfiguriert, dass Magenta für die Kundinnen und Kunden das bestmögliche Interneterlebnis bieten kann. Vom Kunden selbst gekaufte Router können diese Qualität oftmals nicht gewährleisten. Um die optimale Leistung und Qualität technisch gewährleisten zu können, muss der Netzabschlusspunkt unter der Kontrolle des Netzanbieters liegen. – Magenta Telekom

Lage des Netzabschlusspunktes entscheidet

Entscheidend, ob der Internetanbieter die Nutzung seines eigenen Modem bzw. Router vorschreiben darf, ist die Frage, an welchem Punkt das öffentliche Kommunikationsnetz endet. Endet es an der Steckdose (für den Internetanschluss), dann hat der Kunde die Freiheit, jeden beliebigen kompatiblen Router daran anzuschließen:

Routerfreiheit

Wird der Router jedoch in die Definition des öffentlichen Kommunikationsnetzes inkludiert, bedeutet dies vereinfacht gesagt, dass die Routerbox im heimischen Wohnzimmer noch Teil des Internets ist, über den nur der Netzbetreiber entscheiden darf:

Routerzwang

Während in Österreich der Router als Netzabschlusspunkt definiert wird, endet in Deutschland das öffentliche Kommunikationsnetz schon an der Anschluss-Dose im heimischen Wohnzimmer.

In Deutschland ist der Routerzwang schon seit 2016 verboten

Gesetz / Paragraf

In unserem Nachbarland Deutschland wurde 2016 der Internetzugang als passiven Netzabschlusspunkt definiert, an dem das öffentliche Telekommunikationsnetz endet (ursprünglich § 45d Abs. 1 des deutschen Telekommunikationsgesetz TKG, mittlerweile § 73 Abs. 1 TKG). Welchen Router der Nutzer dann daran anschließt, ist nicht mehr im Einflussbereich des Netzbetreibers.

Diese Definition stellt sicher, dass der Nutzer nicht zwingend das Gerät des Netzbetreibers verwenden muss, sondern bei Bedarf auch jeden anderen kompatiblen Router seiner Wahl anschließen kann.

In Österreich entscheidet nicht das Gesetz, sondern die RTR

In Österreich wurde die Lage des Netzabschlusspunktes, welcher entscheidend für die Routerfreiheit ist, jedoch nicht im Gesetz definiert. Stattdessen kann die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) mit einer Verordnung entscheiden, wo genau der Netzabschlusspunkt endet:

Die Regulierungsbehörde kann mit Verordnung die Lage der Netzabschlusspunkte von öffentlichen Kommunikationsnetzen unter Bedachtnahme auf die Art des öffentlichen Kommunikationsnetzes und die technischen Möglichkeiten festlegen. – § 49 Abs. 1 TKG

Bisher zählt das zuhause stehende Modem noch als Teil des öffentlichen Telekommunikationsnetzes und befindet sich daher in der alleinigen Hoheit des Netzbetreibers.

EU für Routerfreiheit mit Ausnahmen

Dabei setzt sich die Europäische Union (EU) grundsätzlich für eine freie Wahl des Routers ein:

Die Endnutzer sollten beim Zugang zum Internet frei unter den verschiedenen Arten von Endgeräten im Sinne der Richtlinie 2008/63/EG der Kommission wählen können. – Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/2120

Allerdings gesteht sie den Netzbetreibern auch eine Ausnahme zu. Nämlich dann, wenn für den Netzbetreiber nicht vertretbare Gründe vorliegen:

Es ist jedoch möglich, dass aus nicht von den Internetzugangsanbietern zu vertretenden Gründen bestimmte Abschlusspunkte des Internets nicht immer zugänglich sind. – Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/2120

Daher wird die derzeitige österreichische Regelung mit Sicherheitsbedenken und Herausforderungen bei der Sicherstellung einer einwandfreien Dienste-Qualität bei der Verwendung von Fremdgeräten argumentiert.

Bedenken nur in Österreich?

In unseren Nachbarländern Deutschland oder Italien sind diese Bedenken bereits Geschichte. In den über sechs Jahren der Routerfreiheit in Deutschland sind bis jetzt keine größeren Probleme mit der freien Endgeräte-Wahl publik geworden.

Für die Kunden hatte das bisher hauptsächlich Vorteile. Sie erhielten bei Vertragsabschluss zwar weiterhin ein kostenloses Modem von Internetanbieter, konnten bei Nichtgefallen aber auch problemlos ein anderes kompatibles Gerät an ihrem Anschluss verwenden.

Die für die Einrichtung eines eigenen Routers notwendigen Zugangsdaten müssen die deutschen Internetprovider bei Vertragsabschluss dem Kunden kostenlos zur Verfügung stellen.

Forderung nach Ende des Routerzwangs in Österreich

Die durch unseren Testbericht der Magenta Home Box Fiber aufgedeckten Einschränkungen führte zu einer neuerlichen Diskussion der Routerfreiheit in Österreich und erreichte auch die heimische Politik. Die Nationalrat-Abgeordneten Katharina Kucharowits (SPÖ) und Mag.Dr.in Petra Oberrauner (SPÖ) forderten die Bundesregierung auf, die Routerfreiheit gesetzlich zu verankern:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Recht auf die freie Wahl des WLAN-Modems bzw. des WLAN Routers als auch das Recht auf die freie Wahl eines jeden Endgeräts gesetzlich zu verankern. – Entschließungsantrag 2945/A(E)

Forschungsausschuss stellt Änderung in Aussicht

Woraufhin sich der parlamentarische Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung mit dem Thema auseinandergesetzt hat:

Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) teilte mit, dass die RTR für 2023 eine Verordnung in Aussicht gestellt habe, welche auch die Router-Freiheit sicherstellen solle. – Parlamentskorrespondenz Nr. 1432

RTR evaluiert Situation betreffend Routerfreiheit

Die RTR ist gerade dabei, die Situation zu evaluieren. Auf Nachfrage von LTEForum.at hieß es:

Im Hinblick auf eine solche Verordnung wird das Interesse der Endkund:innen an einer Routerfreiheit zu berücksichtigen sein; derzeit ist die RTR-GmbH mit (relativ) wenigen Anfragen und Beschwerden zu diesem Themenkreis konfrontiert. Ungeachtet dessen werden Überlegungen zu dieser Verordnungskompetenz getätigt, um zu einer für alle Beteiligten sachgerechten Entscheidung zur Frage des Netzabschlusspunktes zu gelangen. – RTR gegenüber LTEForum.at

Derzeit laufe bei der RTR ein komplexer Evaluierungsprozess die Routerfreiheit betreffend. Ob eine Verordnung erlassen wird oder nicht, hänge vom Ergebnis der Evaluierung ab.

Fazit

Die Frage, ob in Österreich den Routerzwang beibehalten wird oder vielleicht schon bald eine neue Verordnung für Routerfreiheit sorgen könnte, bleibt spannend.

Die Behauptung, der Provider-Router sei kostenlos, ist in der Praxis so nicht haltbar. Einerseits werben manche Provider mit Premium-Routern, die an sich selbstverständliche Funktionen (wieder) zur Verfügung stellen, und zeitweise haben Anbieter sogar das WLAN des Providerrouters nur gegen (monatliches) Entgelt freigeschaltet.

Und eine DOSIS Router ist etwas anderes, als ein DOCSIS-Router ;-)
https://de.wikipedia.org/wiki/Data_Over_Cable_Service_Interface_Specification
 
Die Behauptung, der Provider-Router sei kostenlos, ist in der Praxis so nicht haltbar. Einerseits werben manche Provider mit Premium-Routern, die an sich selbstverständliche Funktionen (wieder) zur Verfügung stellen, und zeitweise haben Anbieter sogar das WLAN des Providerrouters nur gegen (monatliches) Entgelt freigeschaltet.
Das Provider optional gegen einen monatlichen Aufpreis "Premium-Router" vermieten ist nicht neu (und eigentlich begrüßenswert) Das gibt es auch jetzt schon in Österreich (mit Routerzwang) bei ein paar kleineren Kabelanbietern. Trotzdem bekommt in Deutschland (mit Routerfreiheit) jeder Kunde zumindest ein Basis-Modell gratis. Nicht anders als in Österreich.

Worauf es ankommt ist halt die Wahlfreiheit. Wenn mir die Leistung der Provider-Routers nicht ausreicht, kann ich stattdessen jeden beliebige anderen Router anschließen. Diese Freiheit vermisse ich derzeit in Österreich.
 
Das Provider optional gegen einen monatlichen Aufpreis "Premium-Router" vermieten ist nicht neu (und eigentlich begrüßenswert) Das gibt es auch jetzt schon in Österreich (mit Routerzwang) bei ein paar kleineren Kabelanbietern. Trotzdem bekommt in Deutschland (mit Routerfreiheit) jeder Kunde zumindest ein Basis-Modell gratis. Nicht anders als in Österreich.
Das große Thema was ich hier sehe ist trotzdem, es werden Premium-Router angeboten welche auch am freien Markt erhältlich sind. Über den Provider alles kein Problem, besorgt man sichs am freien Markt, nö ist nicht kompatibel, wollen wir nicht, machen wir nicht.
 
Genau, es ist schwer verständlich, warum ein und das selbe Modell gut ist, wenn es direkt vom Internetanbieter kommt, aber es plötzlich Bedenken gibt, wenn man sich das selbe Modell im Handel kauft.

Wobei genau genommen optionale "Premium"-Router schon ein Fortschritt sind, bei einigen Internetanbietern gibt es überhaupt nur ein Modell. Gäbe es hier mehr Auswahl, wäre der Aufschrei vielleicht gar nicht mehr so groß.

Trozdem wäre natürlich die Routerfreiheit aus Kundensicht die optimale Lösung.
 
Genau, es ist schwer verständlich, warum ein und das selbe Modell gut ist, wenn es direkt vom Internetanbieter kommt, aber es plötzlich Bedenken gibt, wenn man sich das selbe Modell im Handel kauft.
Das Spiel kann man auch noch weiter treiben, das es ja Standards gibt, welche technologischer Natur sind sowie zugelassen in der EU. Das man da sagt, nein man hat "Angst" ist genauso unverständlich.
Weil entweder gibt es Standards oder keine.

Darum entweder Routerfreiheit oder der maximale Kompromiss Modemwhitelist. Der Rest ist eigentlich nicht diskutabel.

Man sieht mittlerweile welche Ausmaße man hat siehe Magenta. Alternativ könnte man ja die Option noch lassen mit Routerzwang, jedoch mit Strafen für die Provider wenn man nicht auf Sicherheitsprobleme oder andere Fehler reagiert. Da muss es eine temporäre Kostenreduktion bis zu 90% geben für die Kunden, wenn man Hardware mit Bugs einsetzt (Puma-Bug), Software-Updates nicht innerhalb 14 Tage nach erscheinen einspielt (Fritzbox-Updates usw.).

Fakt ist hier schon, Provider nehmen sich viel raus, leisten und haften bei solchen Themen gar nicht. Macht sollte auch immer mit Verantwortung verbunden sein.
 
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.. wenn es eine Petition geben würde, dann würde ich sofort unterschreiben.
Ansonsten wäre als Zweitoption (für alle die sich kein Modem kaufen wollen) auch die Kautions-Variante von Vorteil Das hatte die Kabelsignal (Kabelplus) damals (bei A1 und manchen Resellern gibt es - zumindest bis vor 2 Jahren - überhaupt keine Extra Kosten für das Modem bzw. Hybrid Box - freie Wahl besteht aber leider auch nicht).
 
Ich bin gespannt auf die neue Verordnung welche ja angekündigt wurde.
Die Definition des Netzabschlusspunktes wird dann hoch interessant werden, wenn die Übergabe der Router sein soll (wonach es derzeit leider aussieht), stellt sich für mich die Frage, wenn dieser als Teil des Netzes vom Kunden mit Energie versorgt wird ob einem dies auf die eine oder andere weise refundiert wird bei diesen doch enormen Energiepreisen derzeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sicher nicht. :D

@mark100: Na ganz so ist es nicht, du kannst dir z.B. schon ein Premium-Moden (Fritzbox) nehmen bei A1, aber das exakte Modell ist dennoch nicht fix welches du bekommst und ändert sich auch mit der Zeit.
 
So lange bei einem "Premium"-Endgerät nicht sichergestellt ist, dass darauf eine vom Internetanbieter unbefummelte Firmware läuft, bringt ein solches Gerät immer noch keinen echten Fortschritt.

Im Kern sollten die Internetanbieter dem Kunden lediglich ein Modem zur Verfügung stellen, das nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch auch ein Kombigerät, aka Router sein darf. Und der Kunde ist dann grundsätzlich für sein eigenes (W)LAN zuständig.

Da bei einem reinen Modem de facto keine Wartungsarbeiten. Firmwareänderungen, kein Support usw. anfallen, ist das für beide Vertragspartner eine Win-Win-Situation.